Ocho Rios

Knutsford Express und der erste Abend

Es scheint so zu sein, dass die Jamaikaner selber den Knutsford Express nicht oder nur sehr wenig benutzen, um zwischen den Städten zu verkehren. Einfach weil er ziemlich luxuriös und damit teuer für eine Busreise ist. Für uns war es preislich total ok und eine sehr bequeme Art zu reisen, wenn man kein Auto (gemietet) hat.

Wir wurden von unserem Host von der Haltestelle abgeholt, die leider ein ganzes Stück außerhalb von Ocho Rios lag. Die eigentliche Haltestelle im Ort wird wohl nicht mehr angefahren, weil sie die Kapazität nicht bewerkstelligen kann und der Verkehr ziemlich dicht ist.

Auf dem Weg haben wir an einem Supermarkt angehalten, um dann abends in der Ferienwohnung lecker zu kochen. Der Supermarkt war ganz schön amerikanisch. Von den Produkten her und auch durch Absurditäten wie den “Einpackern”. Also Menschen, die an der Kasse den Einkauf für einen einpacken und die Taschen dann sogar noch zum Auto bringen. Einpacken kann man selber schneller, vor allem wenn man mit einem Rucksack einkauft. Und meinen Einkaufswagen bekomme ich auch noch so gerade selber geschoben, falls ich mal keinen Rucksack dabei haben sollte.

Wir mussten feststellen, dass die Ferienwohnung an sich ganz ok war, allerdings ganz schön ab vom Schuss. Bis nach Ochi rein waren es ein paar Kilometer, die man auf einem Seitenstreifen des Costal Highway hätte laufen können. Der Weg zu den Zielen auf unserem Plan auf der andern Seite der Stadt war praktisch nicht zu erlaufen, da es dort nicht einmal Seitenstreifen gab. Das wäre Selbstmord gewesen, sodass wir unserem Host als Fahrerin praktisch ausgeliefert waren.

Der Abend endete damit, dass wir direkt vor der Unterkunft am Meer saßen und ein Gewitter beobachteten. Das war ziemlich cool, aber mit einer Kamera im Telefon nicht sinnvoll einzufangen.

Tag 2 mit Dunn’s River Falls

Ich hatte als ein Wunschziel die Dunn’s River Falls ausgegeben. Wir wurden für eine zu große Menge Dollar dort hingefahren. Der Dunn’s River fließt über mehrere hundert Meter in Stufen ins Meer und man kann diesen Wasserfall hochklettern. Problem an der Sache war, dass es einfach unfassbar viele Menschen gab, die das Gleiche machen wollten. Einige Szenen von Dr. No (James Bond) wurden hier gedreht, aber den Luxus einer exklusiven Sperrung wie für einen Film hatten wir leider nicht.

Die meisten dieser Menschen waren dem Weg alleine nicht gewachsen und waren in Gruppen mit einem Guide unterwegs. Extrem nervig, wenn Leute ohne einen sicheren Schritt so etwas versuchen. Auch wenn es für mich nicht schwierig war, war es das anscheinend für die breite Masse schon. Die Guides haben alle irgendwie da durch bekommen, aber wir mussten leider ständig warten. Und ich oft den Kopf schütteln, wie ungeschickt man sich anstellen kann. Ich versuche doch nicht so etwas, wenn ich es nicht einmal einen schmalen Waldweg hochschaffe.

Irgendwann habe ich erkannt, dass es einfach keine Regeln und feste Routen gab und bin einfach quer durch das Wasser. Man konnte sich einfache und schwierige Wege suchen, steil an Felsen hoch klettern oder flach mit festen Stufen gehen. Nur Angst vorm nasswerden durfte man nicht haben. Damit war das Ganze für mich ein echt großer Spaß, weil ich mir Herausforderungen für den Weg gesucht habe. Komplett anders, als ich es mir vorgestellt hatte, aber trotzdem cool.

Nach dem Aufstieg hatte es kurz und heftig geregnet und es waren weiterhin Schauer angekündigt. Die Motivation der Gruppe war so sehr im Keller, dass entschieden wurde, den Rest des Tages abzubrechen und sich für erneut viel zu viel Geld vom Host zurück in die Unterkunft fahren zu lassen.

Ich war unzufrieden, weil ich für den Tag noch nicht genug Bewegung hatte und nicht ans Ende der Welt fliege, um mich von einem bisschen Regen einsperren zu lassen. Insofern bin ich Joggen gegangen. Das Wohngebiet um die Ferienwohnung herum gab keine wirklich schöne Strecke her, und nachdem ein freilaufender Straßenhund mir ganz schön Angst gemacht hatte, bin ich an der Hauptstraße auf dem Seitenstreifen weiter gelaufen, um wenigstens auf ein paar Kilometer zu kommen. Nachdem ich zurück war, war Poca von ihrem Nickerchen wieder am Start und wir sind direkt danach noch eine Stunde walken gegangen. Bewegung war also dann doch gesichert.

Alex und Vivi hatten derweil eingekauft und gekocht. Da wir für den nächsten Tag zeitlich kein Ziel mehr unterbekommen hätten, entschlossen wir uns für einen (auch wieder viel zu teuren) Late-Checkout am nächsten Tag. Ist schon echt bitter, wenn man merkt dass man abgezockt wird, aber keine wirkliche Wahl hat.

Tag 3

Ich war extrem früh wach, sodass ich die Chance hatte, einige schöne Fotos der aufgehenden Sonne zu machen. Das war wirklich cool, für das Ergebnis hat es sich gelohnt.

Nachdem wir gemeinsam lecker Frühstück gemacht hatten, war nun bis um zwei Uhr Zeit und wir hatten auch wieder gutes Wetter. Wir nutzten den Tag also zum Schwimmen und Sonnenbaden, was einigermaßen gut vor Ort ging. Wir waren zwar direkt am Meer, allerdings nicht am Strand. Sondern an einem von Felsen eingefassten, 20 Meter großen “Planschbecken”. Für das richtige Schwimmen war der große Pool doch praktischer, aber ich bin regelmäßig gewechselt.

Als Fazit zu Ocho Rios kann man sagen, dass es leider eine große Touristenfalle ist. Es geht alles nur mit Fahrer, denn selber fahren will man hier nicht. Dafür fahren die Jamaikaner viel zu wahnsinnig. Ob wir mit den lokalen Taxis für einen fairen Preis durch die Gegend gekommen wären, weiß ich nicht. Wir hatten das System zu diesem Zeitpunkt noch nicht verstanden. Aber das, was wir vom Ort gesehen und an den Dunn’s River Falls erlebt haben, kann man mal als ein Tagestrip machen. Eine Unterkunft hier braucht man nicht. Dann lieber jeden Tag von Montego Bay aus einen Tag Richtung Westen nach Ochi und und zurück und einen Tag Richtung Osten nach Negril und zurück.

Um 14:30 ging es wieder los zum Knutsford Express. Da es der letzte Arbeitstag des Monats war, standen die Leute in Schlangen vor den Geldautomaten an. Wegen des zu spät geplanten Late-Checkouts brauchten wir noch Bargeld, sodass unsere Gastgeberin und Fahrerin uns zu einem ATM bringen wollte. Die Straßen waren dazu extrem voll mit Autos von Menschen, die mit dem frischen Geld irgendwas anstellen wollten. Das Bargeld holen, konnten wir, angekommen am ATM mit 50 Leuten in der Schlange, noch abwenden, weil auf einmal doch eine Bezahlung über die Buchungsplattform möglich war. Nur standen wir auf dem Weg zurück zum Highway im Stau.

Für uns war das alles extrem stressig und nervig. Unsere Fahrerin erklärte uns das mit dem Geld am Ende des Monats und dem daraus resultierenden Verkehrschaos in einer Seelenruhe, während wir mittlerweile fest damit rechneten, unseren Bus nicht mehr zu erwischen. Wenn sie das schon weiß, hätte sie das ja auch mal vorher sagen und vorschlagen können, uns früher abzuholen. Danke für nichts.

Angekommen an der Haltestelle stellte sich unsere Panik als komplett unnötig heraus. Der Bus stand genauso im Stau und auch das war anscheinend allgemein bekannt. Und die Abfahrtszeiten sind anscheinend generell eher so etwas wie Richtlinien.

Das war eine nicht so tolle, aber um so lehrreichere Lektion, dass wir unsere deutsche Kultur mit Fahrplänen und Uhrzeiten auf Jamaika einfach mal komplett vergessen können.

Hier ist jetzt wohl die Zeit für einen Witz zur Aussagekraft von Fahrplänen der Deutschen Bahn: Vielleicht sollte die DB einfach von den Farben Rot auf Weiß zu Schwarz, Gelb, Grün wechseln. Dann ist sie immer pünktlich.

Kingston

Der Versuch, am ersten Abend etwas zu essen

Mit den Knutsford Express waren wir gegen halb sechs in Downtown Kingston angekommen und hatten grob zwei Kilometer zu unserer Ferienwohnung in New Kinston zu laufen. Ich wurde ein weiteres Mal überrascht, wie schnell in der Karibik die Sonne auf- und untergeht. Insofern kamen wir im Dunklen an. Man liest immer, dass man in Kingston nicht im Dunkeln herumlaufen soll, weil die Stadt nach Sonnenuntergang nicht besonders sicher sei. New Kingston ist allerdings das “Reichenviertel” der Stadt, sodass wir damit so weit ok waren.

Wir liefen Google Maps nach, angekommen am vermeintlichen Ziel standen wir etwas verloren dort. Zwei herumhängende Männer, bekifft ohne Ende, wiesen uns nett darauf hin, dass wir wohl Hausnummer 8A suchen würden und falsch vor der 8 stehen würden. Einfach nett, wir mussten noch ca. zehnmal fistbumpen und auf gemeinsames “One Love” einstimmen. :)

Weil es schon spät und wir etwas faul und müde waren, entschieden wir uns dazu, essen zu bestellen. Die Hausverwalterin gab uns noch den Namen vom lokalen Äquivalent zu Delivery Hero. Wir sind allerdings über mehr als eine Stunde nicht so weit gekommen, eine Bestellung abzusenden. Der Prozess um eine Kreditkarte auf der Plattform zu verifizieren, war einfach grundlegend kaputt. Pocas Karte war danach gesperrt, bei mir war die Weiterleitung zum Verified by Visa-Portal meiner Bank kaputt, die Karte von Alex wurde gleich von vornherein abgelehnt.
Richtig super, wenn man gegen zehn noch kein Abendessen hatte und der Magen knurrt.

Mangels anderer Optionen entschieden wir uns für eine Bestellung bei Dominos. Wer Dominos nur aus Deutschland kennt, kennt definitiv nicht die amerikanische Variante. Bzgl. Lebensmitteln ist Jamaika generell sehr nah an den USA, entsprechend auch die Pizzen. Riesig groß, richtig fettig, Zucker im weichen Teig, kaum vegetarische Optionen. Ein ganz kleiner, unwesentlicher Abstieg zu meinen Pizzen in Rom vier Wochen vorher.

Während wir auf die Pizza warteten, sind Poca und ich zumindest noch mal in einen noch geöffneten Supermarkt um die Ecke, um ein paar Getränke zu besorgen. Immerhin sind wir dort mit ein paar Locals ins Gespräch gekommen, was ganz nett war. Bis die subtilen Anspielungen zur deutschen Geschichte “Watch out, the Germans are coming” dazu kamen. So was triggert mich ja extrem, sagt aber auch was über die Außenwirkung Deutschlands außerhalb von Europa aus.

Die Pizza kam irgendwann um elf, war mit dem großen Hunger und dem Bier dazu knapp genießbar. Und damit war der Abend auch durch.

Tag 2: Bob Marley Museum und Downtown Kingston

Nach der Pizza vom Vorabend war niemandem nach Frühstück zu Mute, sodass wir uns direkt zum Bob Marley Museum aufmachten. Das Museum bestand aus einer geführten Tour durch den ehemaligen Wohnsitz von Bob Marley in New Kingston, leider waren Fotos in den Innenräumen verboten.

Wir hatten einen coolen Typ als Guide fürs Museum, Ricky Chaplin. Rastafari durch und durch, selber Reggae-Musiker mit starker Stimme. Da natürlich Teil seines Jobs auch Animation war, mussten wir in der grob 15 Personen großen Gruppe immer wieder Hits von Bob Marley mitsingen. Semi-erfolgreich, versteht sich.

Das Tonstudio von Bob, später weiter genutzt von Ziggy Marley, war spannend. Einerseits die mittlerweile veraltete analoge Technik, aber auch ganz praktische Lösungen wie eine Luke im Dach für zu viel Rauch der vielen Joints. Ich fand es sehr sehenswert, was zu einem großen Teil an unserem Guide lag. Er erzählte wirklich coole Geschichten zu den Ausstellungsstücken aus dem Leben von Bob Marley.

Im Gift-Shop schlug wieder der amerikanische Einfluss durch: Mir war das T-Shirt in Größe S zu groß, eine kleinere Kleidergröße gab es nicht. In Europa trage ich eine M oder L… So groß wie das T-Shirt in Größe S war auch Pocas Enttäuschung über eine sehr geile Regenjacke, die es nur ab Größe L gab und somit wie ein Zelt an ihr herunterhing.

Zum Mittagessen verschlug es uns ins Devon House um die Ecke. Ein netter Komplex aus mehreren Geschäften und Restaurants, der von den Einheimischen gut frequentiert wurde. Insofern ein Volltreffer nach dem touristischen Museum. Wir aßen mit Callaloo gefüllte Blätterteigtaschen. Callaloo ist eine Art karibischer Eintopf aus verschiedenen lokalen Gemüsen und schmeckte mir ein wenig wie Mangold.

Nach dem Essen teilten wir uns auf. Poca und ich sind zu Fuß in Richtung Downtown Kingston. Alex und Vivi nahmen den Bus. Verabredet hatten wir uns an der Water Lane, einer Straße, die mit Graffiti von Künstlern aus Kingston voll sein sollte.

Der Weg dahin war spannend. Erster Stopp war der Emancipation Park, welcher für den anstehenden Emancipation Day vorbereitet wurde und einen beeindruckenden Brunnen enthält. In diesem Brunnen sind Skulpturen einer nackten Schwarzen Frau und eines Mannes, welche stolz gen Himmel schauen. Sehenswert, selbst wenn man sich nicht besonders gut mit der Geschichte der Sklaverei und vor allem deren Ende auseinandergesetzt hat.

Auf dem Weg zur Water Lane passierten wir als Nächstes einen komplett irren Markt. Eine Mischung aus Rummel, Flohmarkt und chaotischem Krach, in der die Locals so ziemlich alles verkaufen. Und das alles über mehrere Straßen inmitten des Verkehrs, der sich um alles herumschlängelte. Wir waren vermutlich die einzigen wißen Menschen dort. Aber es hat sich nach meinem Eindruck niemand für uns interessiert.

Angekommen an der Water Lane trafen wir Alex und Vivi wieder, die sich sichtlich unwohl in der Gegend fühlten. Das Anschauen der Graffiti war also ganz schön gedrängelt, und danach sind die beiden zusammen mit Poca auch gleich wieder in Richtung New Kingston losgelaufen.

Ich hab noch die Gegend erkundet, da ich mich direkt neben der Nationalgalerie und dem Messezentrum auch alleine sicher gefühlt hatte. Zurück bin ich dann noch durch den National Heroes Park und hab kurz vor der Ferienwohnung einen der Rasta-Männer vom Abend vorher wieder getroffen. Wieder breit, diesmal auf dem Fahrrad. Aber er hat sich ernsthaft dafür interessiert, ob mit unserer Wohnung alles geklappt hat. Außerdem hatte er mich, genau wie die Hausverwalterin auf die große Parade zum Emancipation Day hingewiesen.

Tag 3: Port Royal und Lime Cay

In einem kleinen Reise-Blog hatte ich die kleine Insel “Lime Cay” gefunden, welche vor Port Royal liegt und einen wunderschönen Strand hat. Vor allem ist sie relativ wenig touristisch und wird von vielen Locals als Ausflugsort genutzt.

Wir sind relativ spät an der Unterkunft gestartet, um dann noch ewig und drei Tage bis nach Port Royal zu brauchen. Wir hatten uns einen Bus rausgesucht. Der Fahrplan war ausschließlich hilfreich für die Route, die Zeiten waren nicht mal Richtlinien. Alle paar Minuten hielt ein Taxifahrer an, der uns einsammeln wollte. Die Ersten schickten wir weg, weil wir noch an den Bus glaubten. Nach einer halben Stunde fragten wir aber doch nach einem Preis nach Port Royal. Das der Weg weit war, wussten wir. Aber einige Taxifahrer haben nur gelacht und sind einfach weitergefahren. Andere wollten zwischen 4000 und 5000 JMD (ca. 25 - 35 €) für die Fahrt haben, was mehr als fünfmal so teuer wie der Bus war.

Nach einer weiteren halben Stunde sind Poca und ich in die Tanke um die Ecke, um USD in JMD zu tauschen. Denn eigenartigerweise wollten die Taxifahrer ausnahmsweise mal keine US-Währung haben. In dem Moment, in dem wir wieder kamen, tauchte zufällig und endlich ein Bus auf. Der Umstieg in den zweiten Busabschnitt war dann erstaunlich problemlos. Der Bus hielt nur für uns auf ein Winkzeichen und sammelte uns ein.

Also sind wohl nicht nur die Fahrzeiten, sondern auch die Haltestellen optional. Es geht wirklich nur um die Busrouten :)

Es war ein unangenehmes Gefühl, dass sich fast alle anderen Fahrgäste von uns vier weißen Menschen im Bus ferngehalten haben. Ich kann mir jetzt ein ganz kleines bisschen vorstellen, wie sich Schwarze Menschen in Deutschland (leider insbesondere in Sachsen) hin und wieder fühlen müssen.

Angekommen gegen 14:00 in Port Royal stellen wir fest, dass es erstaunlich wenig zu sehen gab. Ich hatte irgendwie auf einen Piratenhafen und Monkey Island Feeling gehofft, aber es gab praktisch nichts zu sehen.

Also ging es direkt zu einem Captain mit Boot, mit dem wir die Überfahrt nach Lime Cay verhandelten. Das es davon genug gibt, hatte ich in dem Reiseblog gelesen. Der Captain war cool und hat auf dem Weg zur Insel mit dem kleinen Boot richtig Gas gegeben. Ein Heidenspaß, so über die Wellen zu pflügen.

Auf Lime Cay verabredeten wir mit dem Captain, uns drei Stunden später abzuholen.

Die kleine Insel ist einfach wunderschön, ich hatte bis dahin noch nie so einen schönen Strand gesehen. Auf der windabgewandten Seite konnte man super schwimmen und schnorcheln, die andere Seite war mit hohen Wellen und scharfem Untergrund eher anstrengend. Trotzdem bin ich mit Schnorchelmaske und Flossen einmal um die Insel herum.

Ich hatte die Action Cam dabei. Allerdings war das Wasser nicht besonders klar und ich hab mich auch leicht doof angestellt bei der ersten Unterwassertour. Insofern ist da nix gutes herausgekommen.

Zurück am Startpunkt, wo Alex, Vivi und unsere Klamotten lagen, hatte Poca mal wieder Menschen kennengelernt. Gibt nicht viele Menschen mit so einem Talent dafür. Kaum lässt man Sie zwei Minuten aus den Augen, hat sie einen Gesprächspartner.

Ich setze mich dazu, wir beide haben uns bestimmt ‘ne Stunde mit Chris und Oliver unterhalten. Der eine ein Tausendsassa, Mechaniker, Lkw-Fahrer und sein Leben lang auf Jamaika unterwegs. Der andere professioneller Volleyball-Spieler, der sein halbes Leben in Europa verbracht hat und sich jetzt gerade eine berufliche Auszeit in der jamaikanischen Heimat gönnt. Es hat mal wieder richtig Spaß gemacht, tolle Menschen kennenzulernen und etwas über das Leben auf Jamaika abseits vom Tourismus zu erfahren.

Wir unterhielten uns natürlich auch über den Independence Day am folgenden Wochende und die politische Abhängigkeit Jamaikas zur britischen Monarchie. Der Joke des Tages von Chris war, dass Jamaika “in dependence of the queen” sei. Wortspiele sind schlecht, wenn man sie erklären muss, aber “independence” zu “in dependence” zündet vermutlich aufgeschrieben sonst nicht direkt.

Nach einer echt guten Zeit auf Lime Cay fuhren wir mit dem Boot zurück aufs Festland. Diesmal mit zusätzlichen Fahrgästen und voll besetztem Boot. Der Bus zurück zur Ferienwohnung war diesesmal problemlos. Der Abend endete in einem Indian Caribbean Fusion Restaurant zum Abendessen.

Tag 4: Emancipation Day

Am 1. August wird in fast allen ehemaligen europäischen Kolonien in der Karibik der Emancipation Day gefeiert. Mit Emanzipation ist die Freiheit der afrikanischen Sklaven gemeint. Auf Jamaika ist dieser Feiertag der Start in eine sechs Tage lange Feier, welche mit dem Independence Day am 6. August endet.

Da sich diesem Jahr die (scheinbare) Unabhängigkeit Jamaikas zum sechzigsten Mal jährte, wurde entsprechend groß aufgefahren. Wir machten uns also auf den Weg zum Emancipation Park, an dem die große Parade vorbeiziehen sollte.

Auf dem Fußweg durchs Bankenviertel wurde ich mit dem Satz “You look like that guy from Coldplay” angesprochen, was einfach nur selten war.

Bis zum Beginn der Parade verbrachten wir die Zeit im Schatten und kamen mit einigen Bewohnern ins Gespräch. Insbesondere die Kinder hatten beim Spielen Spaß mit uns.

Die Parade in der prallen Sonne war sehenswert. Es gab sieben geschmückte Wagen, die verschiedene Aspekte der jamaikanischen Geschichte dargestellt haben. Dazwischen waren Reiterstaffeln, Miss Jamaica, die Feuerwehr und überhaupt jeder mit einem schicken Kostüm oder Fahrzeug unterwegs.

Nach grob drei Stunden in der Sonne bei deutlich über 30 Grad machten wir eine Pause im klimatisierten Starbucks. Den Rest des Tages haben wir leicht verwirrt verplempert, weil es nicht so richtig ein Programm gab, wann wo etwas nach der Parade passiert. Oder wir haben es nur nicht gefunden.

Wir sind dann aber los zum Stadion, wo das Independence Village aufgebaut war. Dort gab es seltsame Tanz-Shows und ein großes, aber leider sehr fleischlastiges Essensangebot. Da verschiedene Leute die Tage zu vor immer von dem großen Abschluss im Stadion sprachen, sind wir da einfach mal den Schildern gefolgt.

Um uns kurze Zeit später bei einer Misswahl im Publikum zu befinden. Das war super seltsam. Einerseits war es genauso bescheuert, wie man sich eine Misswahl vorstellt: Lauf-Choreografien in Abendkleidern und einzelne Performances mit Reden. Von den “glamourösen” Reden hat man kein Wort verstanden, weil sie auf Patwah statt Englisch gehalten wurden. Andererseits hat das Publikum richtig Stimmung gemacht, vermutlich weil die Menschen mit Absicht dort waren. Nicht so unabsichtlich und verwirrt wie wir.

Nach einer Stunde sind wir wieder raus und haben uns zumindest noch die Usain Bolt Statue auf der anderen Seite vom Stadion angeschaut.

Zurück in der Unterkunft verkochten wir die restlichen Lebensmittel zu absurden Nudeln auf Toast, packten die Sachen, füllten die komplizierten Einreise-Fragebögen von Barbados bzgl. Corona aus und checkten nochmals die Taxibestellung für den nächsten Morgen.

Was nicht geklappt hat

Wir hatten den großen Plan, aus Kingston eine Wanderung auf dem Blue Mountain Peak zu machen, den mit 2300 Metern höchsten Berg auf Jamaika. Eine der beliebten Touren ist gegen Mitternacht in einer der Unterkünfte am Berg zu starten, ca neun Kilometer und 700 Höhenmeter zu machen und gegen fünf Uhr den Sonnenaufgang zu genießen.

Ich hatte aus Deutschland die Whitfield Hall als einzige Unterkunft mit sinnvoller Website recherchiert und per E-Mail vorab geklärt, dass wir mit einem Landrover abgeholt werden würden. Bei der Detailklärung stellte sich leider heraus, dass die Whitfield Hall einige Tage vorher abgebrannt war. Ich erfuhr davon in einer herzzerreißenden Sprachnachricht vom völlig aufgelösten Besitzer. Die einzig gute Nachricht war, dass niemand verletzt wurde. Aber dort ist eine Existenz für einige Menschen zerstört wurden.

Eine Alternative war mit akzeptablem Aufwand nicht mehr zu organisieren, obwohl ich es mit echt hohem Aufwand versucht habe. Wir hatten also alle vier umsonst für drei Wochen warme Klamotten und Wanderschuhe von Station zu Station getragen und leider keine Wanderung auf einen tropischen Berg machen können.

Vielleicht kommt man ja noch mal im Leben nach Jamaika. Poca fliegt auf jeden Fall wieder hin. Mittlerweile kennen wir ja ein paar Leute, haben Telefonnummern getauscht und überhaupt ein besseres Verständnis von der Insel.