Anreise in die Karibik

Da Alex, Vivi und ich Montagnacht um 01:30 vom Deichbrand in Lübbecke angekommen waren, hatten wir knappe zwei Stunden Zeit, bis unser Flughafentransfer uns abholen sollte. Der Flug sollte um 10:00 ab Hannover gehen.

Wir duschten alle ausgiebig und packten die nötigen Sachen vom Festival- ins Hand- oder Reisegepäck. Also zum Beispiel Waschtasche, Regenjacke und Kreditkarte. Das hat zumindest bei mir ziemlich gut funktioniert. Die im Vorhinein geschriebene exakte Liste, welche Gegenstände noch in den Aufgabe- und welche in den Handgepäckrucksack reingehören, war eine gute Idee.

Es war tatsächlich noch Zeit, die Kühlbox auszuräumen, auszuwischen und ein Bier auf dem Hof zu trinken, bis wir um 03:20 abgehohlt wurden. Der Fahrer war pünktlich und nett, aber bzgl. seiner Corona-Prävention etwas absurd. Wir hatten vorgeschlagen, auf der Fahrt FFP2-Masken zu tragen und ganz normal im Auto zu sitzen. Er hatte darauf bestanden, dass wir zu dritt hinten sitzen, weil dort eine Scheibe zwischen uns und ihm war. Dann bräuchten wir auch keine Maske tragen. So wie die Scheibe angebracht war, hätte man es auch einfach lassen können, dafür haben wir die Stunde einfach schlecht gesessen. Aber gut, das hat uns nicht davon abgehalten, nach einem 15 Stunden langen Festivaltag, zwei Stunden Autofahrt und dem Packen auf dem Weg nach Hannover praktisch sofort einzuschlafen.

Wir waren um 4:45 am Airport Hannover und eine Stunde später durch den Security-Check. Ich hab die ganze Zeit schon nicht viel von fünf Stunden vorher Dasein gehalten, mich aber dem Sicherheitsbedürfnis der anderen gebeugt. Nun hatten wir also vier Stunden im Gate zu verbringen. Ich habs, so gut es ging, vermieden, mich auf den unbequemen Bänken zum Schlafen hinzulegen und mich mit dem Sortieren von Fotos beschäftigt. Für eine halbe Stunde hat es mir aber doch die Augen zugezogen.

Angekommen in Zürich haben wir dann am Schalter von Swiss Airline dafür gesorgt, dass Poca auch einen Platz nach Montego Bay bekommen sollte. Sie flog aus Berlin nach Zürich, um dort zu uns zu zu stoßen. Damit hatte sie aber eine eigene Buchungsnummer und war damit auf der Abschussliste für überbuchte Flüge. Ihre Boardkarte hatte noch keinen Sitzplatz. Die Dame am Schalter hat relativ schnell verstanden, was wir wollten und Sie unserer Reisegruppe hinzugefügt. Damit war sie ganz oben auf der Prio-Liste der Menschen, die noch keinen festen Sitzplatz haben. Letztlich durften wir alle losfliegen, allerdings nicht zusammen sitzen. War alles ganz schön nervenaufreibend, ist aber gut gegangen.

Das Essen im Flieger war gut, ich hatte genug zu bloggen und im Inflight Entertainment System gab es “Ready Player 1” zu schauen. Ein bisschen witzig war es schon, zu sehen, wie die Flugbegleiter und -begleiterinnern von Edelweiss Air zwischen Englisch und Schwizerdütsch hin und her wechselten. Akzentfreies Englisch, aber Deutsch in Mundart :)

Unser 13 Stunden-Flug wurde relativ kurzfristig in einen neun Stunden langen und einen eine Stunde langen Abschnitt getrennt. Wer rechnen kann, merkt, dass wir beim Transit in Puerto Plata (Dominikanische Republik) ganz schön lange im Flughafen herumstehen mussten. Und auch der Sicherheitscheck vom Flugzeug in den Transitbereich war irgendwie seltsam inkonsequent. Immerhin genug Zeit für Poca, um ihre Sucht nach Kühlschrankmagneten zu befriedigen.

Beim erneuten Betreten des Flugzeugs wurde unser Handgepäck dann nochmals kontrolliert. Und zwar so, dass wir uns alle in einer langen Reihe hintereinander aufstellen mussten, das Gepäckstück jeweils am linken Fuß stehend. Und dann wurde ein Spürhund an allen Reisenden vorbeigeschickt. Alles in allem sehr seltsame zwei Stunden, aber ich war ja mittlerweile bis auf die beiden kurzen Nickerchen nach und in Hannover seit 45 Stunden wach.

Auf der kurzen Strecke nach Jamaica ist dann nichts Spannendes mehr passiert. Am Flughafen haben wir uns trotz unterhaltsamen Verkaufsgesprächs gegen ein Taxi und für das Laufen des einen Kilometers entschieden. Das tut vermutlich niemand auf Jamaica, sodass uns alle zehn Meter ein Taxifahrer angehupt und angesprochen hat. Wir sollten noch ein paar Tage brauchen, um zu lernen, dass ein hupendes Taxi signalisieren will, dass es frei ist und uns gerne gegen den Einwurf von Scheinen transportieren würde.

Wir kamen gegen 23:00 am Blue Orchid Hotel an und dort saß vor der Tür ein Security Guard, der wirklich shady aussah. Meine erste Interaktion mit jamaikanischem Patwah statt Englisch hat die Sache auch nicht einfacher gemacht. Wir ignorierten ihn und riefen das Hotel, vor dem wir standen, an, denn für einen regulären Checkin war es schon deutlich zu spät. Der Besitzer Clive machte uns nach einem kurzen Telefonanruf die Tür auf uns begrüßte uns herzlich.

Keine 30 Minuten später gab es nach einer schnellen Dusche endlich eine Mütze Schlaf in einem Bett.

Montego Bay

Tag 1: Doctors Cave

Nach einem ganz normalen Schlaf von acht Stunden war ich unerwartet topfit. Kein Jetlag, kein Schlafmangel, alles top. Die Einzige, die schon seit drei Wochen in der jamaikanischen Zeitzone lebte und somit auch keine Jetlag-Erscheinungen (mehr) hatte, war Poca.

Da es den anderen nicht ganz so gut ging, bin ich vor dem Frühstück in den Pool gesprungen und war eine halbe Stunde schwimmen. Großartig, sowas wäre manchmal zu Hause auch toll :)

Nachdem wir von Clive begrüßt wurden, war das Frühstück super entspannt. Also so entspannt, dass man sich erstmal daran gewöhnen musste. Alle Angestellten hatten die Ruhe weg, alles wurde frisch zubereitet, eine zweite Tasse Kaffee zog sich auch mal 20 Minuten. Wir haben fast zwei Stunden auf der Terasse gesessen und genossen.

Clive rief uns ein Taxi von seinem lokalen Fahrer “King Dave”. Während wir Sachen packten und aufs Taxi warteten, hatten wir noch ein bisschen Chaos mit den Safes in den Zimmern. So ein einzelner eingeschlossener Reisepass ohne den Code zur Öffnung zu kennen, ist nur halb cool. Also hat uns Clive den Safe mit dem ultimativen Master-Key geöffnet, wir haben alle Reisepässe und anderen wichtigen Dokumente eingeworfen und danach war der Safe für zwei Tage verschlossen - noch immer, ohne einen Code zur Öffnung zu besitzen.

King Dave war super. Jedes zweite Wort war typisch Jamaikainsch “Ya man”, wir wussten nach der Fahrt Bescheid, wieviel wir wo für Weed bezahlen würden und wo wir besser keins kaufen sollten. Ansonsten gab es noch ein paar andere Tips und seine Visitenkarte mit Telefonnummer für eventuelle weitere Fahrten.

Unser Ziel war der vermeintlich berühmte Private Beach “Doctor’s Cave”. Wir hatten nicht das beste Wetter, aber leicht bedeckt war wohl nicht der schlechteste Einstieg in die karibischen Strände.

Optisch war es der Knaller, wenn man so einen Strand noch nie gesehen hat. Das Schwimmen war spannend, denn so warmes und salziges Wasser hatte ich noch nicht erlebt. Wir haben ein bisschen die Gegend und die Strandbar erkundet, die Vegetation genossen und unsere erste gekühlte Kokosnuss ausgetrunken. Lecker!

Während wir noch auf einem der Wellenbrecher herumstanden, haben wir uns noch über den Signalton gewundert. Bis wir dann recht deutlich gebeten wurden, den Strand zu verlassen, weil wir das Schließsignal nicht verstanden hatten. Um 16:30 waren wir die Letzen dort.

Hungrig sind wir direkt in das Restaurant “Sea Island Beach Club” nebenan, welches einen guten Eindruck machte. Wir mussten leider fast zwei Stunden auf unser Essen warten. Der Sonnenuntergang war es aber wert, zu warten.

Als das Essen dann irgendwann endlich da war, hat es allen gut geschmeckt. Aber dann nach der langen Wartezeit vor dem Aufessen gebeten werden, zu gehen, weil sie den Laden schließen wollten, ist natürlich Mist. In Deutschland hätte man für so eine Aktion sicherlich kein Trinkgeld gegeben. Hier waren zu unserer Überraschung schon 15% Service Charge auf der Rechnung. Stand irgendwo ganz klein auf dem Menü, hatten wir aber nicht gesehen.

Wir wollten dann noch in irgendeine Bar, mussten aber feststellen, das mit dem Untergang der Sonne die Bürgersteige hochgeklappt werden. Es gab schon noch die eine oder andere offene Bar, aber nirgendwo war ein einziger Gast zu sehen. Mag natürlich etwas an der Nebensaison liegen, war aber sehr unerwartet für uns.

Wir entschlossen uns, doch ein Taxi zurück in die Unterkunft zu nehmen. In dem Moment, in dem unsere Nachricht an King Dave rausging, stand er zufällig direkt vor uns. Er hatte uns erkannt und beschlossen, uns zu fragen, ob wir ein Taxi bräuchten. Witziger Zufall :)

Alex und ich haben noch eine Magharita getrunken uns sind ins Bett. Poca hatte sich wiederum mit dem Host Clive und seinen Freunden Kamar und Randy bis nachts halb zwei bei “Rauchware” und Rum verquatscht.

Tag 2: Erkundungstour

Ich war mal wieder als Erster wach (kann ja nicht jeder bis nachts halb zwei durchballern) und vor dem Frühstück eine viertel Stunde im Pool. Für richtige Bahnen war dieser leider zu klein, aber wenn man schon mal die Möglichkeit zum Schwimmen vorm Frühstück hat, sollte man sie nutzen.

Alex und ich entschieden uns für ein traditionelles jamaikanisches Frühstück mit Ackee und Saltfish. Die Nationalfrucht Ackee war leider aus, aber uns wurde ein alternatives Gericht aus Codfish mit Baked Beans und Dumpings gezaubert. Das Hotel war in allen Bewertungen vorher schon für die großartige Küche gelobt worden, was sich bestätigen sollte.

Zu zweit sind Alex und ich dann nochmals Richtung Montego Bay gestartet und haben die Gegend zu Fuß erkundet. Weed zu kaufen, haben wir zum Unverständnis aller Locals weiterhin sein gelassen. Ich hab aber in einem Touri-Shop zumindest zwei überteuerte Andenken gekauft. Man konnte ganz gut mit dem Verkäufer handeln, sodass es preislich erträglich war. Allerdings standen beim Verlassen des einen Ladens fünf weitere Verkäufer vor der Tür, die auf einen Besuch in ihrem eigenen Laden bestanden hatten. Mit Geschichten von der gestorbenen Oma, Mutter, was auch immer, während sie alle die gleiche Ware hatten. Nervig, aber man muss wohl hart bleiben beim Ablehnen.

Ich war eigentlich ganz happy mit meinem durch Handeln erzielten Preis. Aber auf dem Kartenzahlungsgerät waren auf einmal noch 15% Steuern extra zu sehen. Vermutlich hätte ich einfach den Kauf abbrechen sollen, aber ich hab mich zu den grob 40 Dollar hinreißen lassen und mich im Nachhinein über mich selber geärgert. Auch wenn der gekaufte Beutel tatsächlich cool ist (Poca findet ihn auch cool - aber jetzt ist es mein Beutel).

Wir sind ein bisschen umher gezogen und konnten am Dead End Beach aus allernächster Nähe ein landendes Flugzeug sehen. Ansonsten war der in der begrenzten Zeit erlaufbare Teil von Montego Bay nicht wirklich beeindruckend. Wobei wir doch noch eine Ackee an einem Baum hängend sehen konnten.

Gegen zwei Uhr nachmittags haben wir dann Poca, Vivien und das Gepäck aus dem Hotel abgehohlt, uns verabschiedet und sind zu Fuß los zum Knutsford Express. Der Knutsford Express ist ein Fernbus auf Jamaica, ganz grob vergleichbar mit einem Flixbus in Deutschland.

Clive war verwundert, warum wir King Dave nicht brauchten, sondern einfach laufen wollten. Sich zu Fuß zu bewegen, scheint auf Jamaica wirklich niemand zu tun.