Mit dem Zug von Bruxelles-Midi nach Paris-Nord

Erste Erkenntnis: Im Thalys gibt es nicht nur die erste Klasse und die zweite Klasse. Sondern in der ersten Klasse auch noch eine Premium-Variante. Leider ist die bei einem Interrail-Pass der ersten Klasse nicht inkludiert. Sonst wäre ich wohl in die Thalys Lounge reingekommen, bei der ich wenig freundlich, aber umso bestimmter abgewiesen wurde. Ich hatte gelesen, dass man mit einem Interrail-Pass meistens in die Lounges rein darf und wollte das einfach mal probieren. Vermutlich war das Problem, dass ich auf Englisch gefragt habe, ob ich eintreten darf.

Bei der Premium Variante hätte es sogar eine vollwertige Mahlzeit mit freien Getränken zur Zugfahrt gegeben. Das, was es vor Corona in Flugzeugen auch mal gab, falls sich jemand erinnert.

Bruxelles-Midi ist insofern ein besonderer Bahnhof, als dass hier der Eurostar nach London fährt. In dem Fall verlässt man den Schengen-Raum, deswegen gibt es tatsächlich ein Terminal, bei dem Passkontrollen gemacht werden. Außerdem hören die Ansagen in der Wartehalle einfach nie auf. Wenn alles auf Französisch, Englisch und teilweise Niederländisch und Deutsch angesagt wird, gibt es einfach viel zu besprechen.

Zur Zugfahrt selber kann man sagen, dass so ein Thalys-Zug in der ersten Klasse schon etwas besonderes hat. Riesig breite, bequeme Sitze, angenehme Atmosphäre. Seltsam war definitiv, dass ich einer der ganz wenigen Menschen ohne Jacket bzw. Kostum in diesem Zug war. Alle ein bischen schicker angezogen als der Durchschnitt.

Keine Steckdosen am Platz zu haben, wirkte dafür schon sehr altertümlich. Dafür konnte man mit einem Laptop auf dem riesigen Tisch ganz gut arbeiten. So ein Tagebuch schreibt sich schließlich nicht von allein.

Der erste Abend in Paris

Auch für Paris hatte ich mir wieder eine Lauf-Route vorgeplant, um die Stadt kennenzulernen. Wie in Brüssel ca 12,5 km in 90 Minuten.

Der Weg zur Seine war ein kleines bisschen anstrengend, denn die Stadt war einfach voll von Menschen, die in die Bars drängten. Aber als ich dann am Fluss war, war es den Weg auf jeden Fall wert. Tolle Ausblicke und viele Menschen, die alle Arten von verrückten Sportarten machen. Kickboxen, Yoga, Tanz und Dinge, die ich noch nie gesehen hatte. Extrem cool an Paris ist, dass es alle paar Meter einen Frischwasser-Brunnen gibt, an dem man einen Schluck trinken oder sich den Kopf und Oberkörper einfach nass machen kann. Ziemlich gut bei 30 ℃ im Schatten, während man durch die Sonne läuft.

Nach der Runde war aber nicht mehr viel mit mir los. Fix noch Klamotten gewaschen, aufgehängt und dann einfach mal zehn Stunden gepennt.

Paris Tag 1: Erste Erkundungstour

Da mein Hotel direkt neben Montmartre liegt, war die Basilique du Sacré-Cœur de Montmartre nach zehn Minuten Fußweg die erste Station. Der Montmartre-Hügel ist dafür, dass er mitten in der Stadt liegt, ganz schön steil. Aber genau das sorgt für den beeindruckenden Anblick der Basilika. Den Eintritt hab ich mir an dieser Stelle mal gespart, dafür aber mit Ausblick über die Stadt gefrühstückt.

Ich bin daraufhin die Rue du Mont-Cenis nach Norden vom Hügel herunter. Dort war aber, wie wohl in ganz Montmartre, um halb zehn morgens noch tote Hose. Da muss ich nochmal wiederkommen, um die Straße und auch den Place du Tertre in belebt zu erleben. Ich konnte aber in einer kleinen süßen Bäckerei ein leckeres Croissant ergattern. Das ist ein bisschen ähnlich zu den Pommes in Brüssel. Es ist unfassbar, wie gut so etwas schmecken kann, wenn jemand weiß, was er tut.

Da die Menschen also noch nicht am Start waren, fasste ich den Entschluss, mir Gebäude anzuschauen. Auf in die Metro, ganz ans andere Ende der Stadt zur Endstation Porte Dauphine, um sich von hinten an den Arc de Triomphe anzuschleichen. In der Pariser Metro gibt es immer zwei Ansagen der kommenden Station. Eine 20 Sekunden vor Ankunft, eine wenn die Türen aufgehen. Mein Französisch ist wirklich nicht gut (man könnte sagen nicht existent), aber es war spannend zu hören, wie sich die beiden Ansagen in der Betonung unterscheiden.

Der Triumphbogen war ganz nett anzusehen, aber eben auch genauso, wie ich ihn von meinem letzen Paris-Besuch vor ca. 15 Jahren in Erinnerung habe: Groß und massiv. 13€ für den Aufstieg fand ich aber ganz schön dreist. Dank einer Schlange von mehreren 100m stellte sich die Frage aber auch gar nicht.

Ich bin daraufhin den Champs-Élysées hinunter in Richtung Place de la Concorde. Viel Touri-Krams, viele Luxusläden, soweit so bekannt. Ich stand leicht verwundert vor dem Louis Vuitton-Store und machte mich innerlich über die Schlage stehenden Menschen lustig, als ich den Nike Flagship Store sah. Nicht das ich jetzt Fan der Marke bin, aber dort gab es eine sehr coole Ausstellung zu 50 Jahre Nike, der Entwicklung von Sportschuhen und der Firma als Modemarke. Spannend gemacht, da hab ich mich locker eine Stunde mit aufgehalten.

Nach so viel unnützem Sneaker-Wissen habe ich mal wieder Großstad-Normade gespielt und im nahgelegenen Park zu Mittag gegessen. Dieses Mal war ich nicht allein, dort saßen sicherlich fünf weitere Menschen, die das gleiche taten. Vermutlich eher Locals, aber ganz absurd ist meine Idee nicht. Und der Camembert war einfach fantastisch.

Das sollte hier eigentlich kein Foodblog werden, aber ich werde nicht müde zu betonen, was es and leckeren, lokalen Lebensmitteln gibt. Für so einen Camembert muss man in Deutschland vermutlich jemanden kennen, der wen kennt und dann ein Angebot machen, was derjenige nicht ablehnen kann. In Paris geht man einfach in den Supermarkt.

Den Place de la Concorde hatte ich nicht so groß in Erinnerung. Da will man einfach nicht Auto fahren müssen. Gefühlt ist das eine Kombination aus achtspurigem Kreisel und einem Autobahnkreuz. Aber der Obelisk ist echt cool, wenn man es denn schafft, bei den vielen Autos mal einen ungestörten Blick darauf zu werfen.

Nächtes Ziel: Notre Dame. Ich hatte keine Ahnung, wie weit der Wiederaufbau seit dem Feuer 2019 vorangeschritten war. Den Weg dahin habe aber ausgiebig genossen. Ein schneller Schwenk durch den Jardin des Tuileries. An der Seine entlang, wo ich nochmals die vielen Sportler vom Abend vorher beobachten konnte. Zur Île de la Cité, der Stadtinsel, umgeben von der Seine.

Es macht einfach Spaß, sich in einer so schönen Umgebung durch die Stadt treiben zu lassen und in die grobe Richtung eines Ziels zu steuern. Die Strategie hat sich generell bewährt. Auf Google Maps das Ziel anpeilen, sich die Richtung und grob die Zeit merken und einfach loslaufen. Wenn man nach der germerkten Zeit noch nicht da ist, war man wohl nicht ganz richtig. Nicht schlimm, dann einfach von vorne: Anpeilen, Zeit merken, loslaufen. So sieht man seine Ziele, etwas von der Stadt drum herum, aber schaut dabei nicht ständig auf sein Telefon.

Notre Dame war dann leider nicht besonders cool. Die gothische Kathedrale ist aktuell einfach eine Baustelle. Da ist noch eine ganze Menge Arbeit zu tun, bis dort wieder eine Messe stattfindet oder (bitte nicht!) ein König gekrönt wird. Was allerdings super war, war die “Dekoration” der Baustelle. Dort haben sich einige Künstler ausgetobt, das Feuer und die Restauration in verschiedenen Stilen zu visualisieren. Leider vor Ort komplett französisch, aber ich habe dann auf dem Telefon die englische Variante gelesen.

Weiter ging es zum Hôtel de Ville, also dem Rathaus, um dort den Rest vom Camembert zu snacken. Dort gab es, wie an so vielen Orten in Paris, wieder einen Frischwasserbrunnen und öffentliche Toiletten. Extrem beeindruckend, wie gut das in der ganzen Stadt ausgebaut ist. Man kann völlig problemlos bei diesen Temperaturen deutlich über 30 ℃ den ganzen Tag unterwegs sein und ist im Prinzip immer versorgt.

Am späten Nachmittag machte ich einen Rundgang durch den linken “Melting pot” von Paris, das Viertel Belleville. Solche Multikulti-Viertel gibt es ja in jeder größeren Stadt, aber das hier war eins der beeindruckenderen.

Der Parc de Belleville lud mich zu einem kalten Weißwein auf einer Bank im Schatten ein. Stilecht aus der Flasche, ein Glas hatte ich ganz zufällig nicht in der Tasche. Dafür aber mein Schweizer Taschenmesser, ohne dass hier gar nichts passiert wäre. Anscheinend sind Schraubverschlüsse für Wein in Frankreich noch nicht angekommen, selbst die 2 €-Flasche Fusel im Supermarkt hat einen Korken. Höhepunkt der Belleville Tour war der mittlerweile geöffnete Streetfood Market, welcher einmal im Monat stattfindet. Danke an Janina für den Tipp. Dass es terminlich so gepasst hat, war ein netter Zufall.

Zum Abschluss des Tages habe ich mich noch für eine Stunde mit einem kalten Bier in der Hand an die Seine gesetzt und bin dann glücklich und erschöpft ins Bett gefallen. 14 Stunden auf den Beinen bei der Hitze ist doch etwas anstrengend. Ich muss wohl tagsüber mal etwas ruhiger machen, wenn noch etwas von den Abenden und Nächten in Paris mitbekommen will.