Letze Vorbereitungen und warten auf die Polizei

Ziel des Sonntagnachmittags: Rucksack packen, abfahrbereit sein. Keine Magie. Es stand schon alles auf der Liste, was in den Rucksack muss.

Eigentlich wollte ich nur mein Schlafsack-Inlay als optionale Decke für die Nachtzüge aus meinem Keller holen, musste dabei aber feststellen, dass eben dieser das zweite Mal in einem Jahr aufgebrochen wurde. Nach einem Moment des Schocks stellte ich fest, dass der Einbrecher offensichtlich unzufrieden war. Die leeren Kartons mit auf Wert deutender Beschriftung waren alle durchwühlt, mein Stadtfahrrad stand unmotiviert quer im Vorflur. Aber wer hat auch einen Karton mit “Hier ist teurer Krams drin” im Keller stehen, wenn noch Inhalt da drin ist? Das gute Zeuchs ist doch hoffentlich in der Wohnung in Benutzung.

Da in den Kartons nichts von Wert war, mein (teilweise wertvolles) Camping-Zeuchs mit mir unterwegs und mein Stadtrad nicht gut genug war, belief sich der Schaden also nur auf Chaos. Nach einem Anruf bei der Polizei waren die beiden Beamten bei mir vor Ort genauso perplex wie ich, was der Sinn hinter dieser Aktion wohl sei. Im Endeffekt hat mich das nur Zeit und etwas Nerven gekostet.

Ansonsten habe ich beim Durchgehen meines Plans noch eine falsche Sitzplatzreservierung bei der italienischen Bahn entdeckt. Wie erwartet gibts dort keinen Exchange oder Refund, das waren 10€ für meine eigene Dummheit.

Mal sehen, was die Trenitalia dann so in der Praxis kann. Ich bin ja nun aktiver Nutzer der Website der Deutschen Bahn und bei den Schweizerischen Bundesbahnen arbeitsbedingt in der Website involviert. Das geht immer alles besser und ist sicherlich nicht perfekt. Aber was die französische und die italienische Bahn da ins Internet stellen ist wirklich unter aller Sau.

Mit dem Zug von Dresden-Neustadt nach Bruxelles-Midi

via Leipzig Hbf, Frankfurt(Main) Hbf.

Meine allererste Zugfahrt in der ersten Klasse. Normalerweise bin ich ja der “Drei Monate im Vorraus für 19 Euro ein Supersaver-Ticket kaufen”-Bahnfahrer und komme selbst damit auf einen beträchlichten Betrag, den ich jedes Jahr der Deutschen Bahn gebe.

Die erste Klasse im Intercity von Dresden nach Leipzig ist wenig beeindruckend. Man könnte sogar sagen: enttäuschend. Ich habe mich sehr gewundert, dass es kein WIFI gab. Also nicht WIFI ohne Internetzugang, sondern einfach gar keins. Ich fahre die Zuglinie ja häufig (dann von Dresden bis Minden oder Herford) und bin der Meinung, dass so etwas in der zweiten Klasse vorhanden ist. Ich werde das prüfen…

In Leipzig ging es dann in einen ICE 4 nach Frankfurt. Nur drei Plätze nebeneinander in der ersten Klasse sind schon nett. Aber der herunterklappbare Tisch ist für einen Laptop einfach zu weit weg, wenn man sich ordentlich hinsetzt. Und ich behaupte mal, dass ich nicht besonders klein bin oder kurze Arme habe. Vom Arbeitskomfort und der Ergonomie mit einem Laptop ist der Doppelstock-IC der Deutschen Bahn in der zweiten Klasse einfach weiterhin ungeschlagen.

Der Umstieg in Frankfurt nach Brussels-Midi war zugtechnisch unspektakulär. Ein ICE 3 nimmt sich aus Sicht des Reisenden nicht wirklich etwas zum ICE 4.

Neu waren für mich die Ansagen

Danke für ihre Reise mit ICE International

statt “… mit der Deutschen Bahn” - und das jeweils dreisprachig.

Nettes Detail: Von Frankfurt bis Aachen waren die Ansagen in der Reihenfolge Deutsch, Französisch, Englisch. Ab der belgischen Grenze dann Französisch, Deutsch, Englisch.

Ansonsten habe ich die Zugfahrt größtenteils genutzt, um dieses Tagebuch zu schreiben und mir Dinge für Brüssel rauszusuchen. Dafür war vorher einfach keine Zeit.

Der erste Abend in Brüssel

Check-in in ein unspektakuläres, einfaches Hotel. Bei 80€ für zwei Nächte hab ich nicht viel erwartet und wurde sogar positiv überrascht.

Während der Zugfahrt hatte ich mir eine Route zum Joggen durch die Innenstadt, vorbei an Parks, Palais, Kirchen geplant. Auch wenn Joggen mit Turn-By-Turn-Navigation irgendwie seltsam ist, war das ein toller erster Eindruck der Stadt. Es ging mitten über den “Grote Markt” durch den “Parc de Bruxelles” in den “Parc du Cinquantenaire” mit seinem Triumpfbogen. Von dort bin ich via “Parc Léopold” mittem am Europa-Parlament vorbei, habe auf der Südseite des Parc de Bruxeless das “Palais Royal de Bruxelles” gestreift und bin dann zurück in Richtung Hotel. 12,5km in entspannten 90 Minuten, es gab ja viel zu gucken und zu fotografieren.

Nach der Runde und einer Dusche bin ich dann die nähere Umgebung auf der Suche nach Abendessen erkunden gegangen. Sowohl der “Späti” mit gekühltem Bier, als auch die kleinen Läden mit frischem Obst und großartigem Gebäck konnten überzeugen. Vom Preis des Hotels und den Typen Menschen abends um elf auf der Straße würd ich mal vermuten, nicht gerade im besten Viertel der Stadt gelandet zu sein. Aber ich hab da null Berührungsängste, mich mit einem Menschen mangels seinem Englisch und meinem Französisch mit Händen und Füßen zu verständigen.
Bzw. auch jemanden wegzuschicken, wenn er beim betteln aufdringlich wird. Das Highlight war aber die erste belgische Pommes dieses Brüsselbesuchs bei “Joe La Frite”. Mega lecker!

Brüssel Tag 1: Roaming the City

Gestärkt von Kaffee und Gebäck um die Ecke vom Hotel machte ich mich auf den Weg in die Innenstadt, konkret zu Manneken Pis. Sollte man mal gesehen haben. Fünf Minuten reichen aber auch. Allerdings konnte ich lesen, dass das Männlein am Nachmittag abgezogen werden sollte. Insofern war klar, dass ich nochmals wieder kommen muss.

Weiter ging es über den Grand Place durch die Innenstadt, in der ich mich nun in Ruhe umsehen konnte. Beim Joggen bekommmt man ja doch einiges nicht mit. Echt schick, dieser Marktplatz. Wenn auch relativ unbevölkert um zehn Uhr morgens.

Der Plan war dann, sich auf den Weg zur Basilique Nationale du Sacré-Cœur zu machen. Auf der fünf Kilometer langen Strecke ging ich in einem Supermarkt einkaufen, um im Park vor der Basilika zu Mittag zu essen.

Die Nationalbasilika des Heiligen Herzens, so der deutsche Name, ist ein ganz schön beeindruckendes Bauwerk. Die größte Kirche Belgiens, die tatsächlich als eine Festung durchgehen könnte. Ich war vermutlich der einzige Mensch seit Jahren, der die 300 Stufen zur Aussicht dem Fahrstuhl vorgezogen hat. Zumindest sah das Treppenhaus weder schön noch sauber aus, sondern eher wie man sich das in einem Gefängniss so vorstellt. Die Aussicht war es aber auf jeden Fall wert. Ein toller Blick über Brüssel mit Sicht auf das Atomium im Norden und auf verschiedene Parks und Kirchen im Zentrum.

Nach dem Abstieg ging es erneut einige Kilometer durch die Stadt in Richtung Parc du Cinquantenaire, um die Laufroute vom Vortag von hinten aufzurollen. Dabei hab ich noch einige richtig schöne Ecken wie zum Beispiel einen See mit einer Art Portal als Zulauf gefunden.

Dannach habe ich nochmal kurz die Gegend um das Europa-Parlament begutachtet und einen Moment im Parc du Bruxelles die Füße hoch gelegt. Der wichtige Teil des Tages war aber kulinarisch. Manneken Pis in Klamotten, zu Ehren von wem auch immer, war für ca. 20 Sekunden nett, dannach ging es in Richtung leckerer Waffeln.

Ich hab viel erwartet und das wurde tatsächlich übertroffen. Brüsseler Waffeln sind einfach unfassbar lecker. In meinem Fall mit Schoko Soße und Erdbeer Eis. Die Lütticher Waffeln habe ich nicht probiert. Aber nur damit es die Welt mal gehört hat: Die eine “belgische Waffel” gibt es nicht. Sondern mindestens die Brüsseler und die Lütticher Variante.

Nennt mich unvernünftig, aber direkt nach der Waffel hatte ich Bock auf Pommes. Und ja, die Belgier können einfach Pommes. Wenn du noch nie in deinem Leben belgische Pommes mit Sauce Andalouse hattest: Da gibt es etwas nachzuholen. So ein einfaches Lebensmittel, so unfassbar gut.

Mir ist es einfach unverständlich, wie das Pommes-Niveau in Deutschland so schlecht sein kann, während eine optisch echt schäbige Bude in Belgien so unglaublich gute Fritten produzieren kann. Wenn ich so an die Zeit in der Heimat in Ostwestfalen denke und das mit dem Leben in Dresden vergleiche, waren Pommes in der Heimat immer irgenwie wichtig. Aber wenn ich mir die Qualität so anschaue, war es ehrlich gesagt immer schlecht. Sowohl bei “Zippi” in der Heimat (das kennen sicherlich nur auserwählte Personen) als auch in allen Läden in Dresden, in denen ich verkehre. Pommes scheint eine belgische Spezialität zu bleiben.

Zurück zum Thema: Ich bin dannach fix ins Hotel, lange Sachen anziehen und dann in den Park bei Port de Hal, um mit ‘nem Bier in der Hand an unter anderem diesem Beitrag zu tippen und Fotos zu sortieren. Man kann es durchaus auf Unvernunft schieben, aber auf dem Weg zurück ins Hotel ging es nochmals bei Joe La Fritte für eine weitere Runde fantastischer Pommes vorbei.

Brüssel Tag 2: Atomium und Entdeckungstour

Da ich am Mittwochvormittag aus dem Hotel auschecken musste, war dieser Tag geplant für das Atomium und Mini Europe. Ein Ticket fürs Atomium hatte ich mir vorab online gebucht. Um 08:45 ging es am Hotel mit Rucksack los, um kurz nach zehn war ich vor Ort. Angeblich soll man ja die Metro in Brüssel mal benutzt haben. Ich habe den Fußweg bevorzugt.

Der Weg zum Atomium war schon echt cool. Ich habe ganz schön viel von der Stadt gesehen, fernab von Touri-Attraktionen.

Das “Gebäude” des Atomiums von 1958 ist von außen wirklich beeindruckend. Leider ist es aber von außen beeindruckender als von innen. Nachdem ich meinen Rucksack im Ticket Office eingeschlossen hatte, besuchte ich Teil 1 der Runde. Was eine umständliche Umschreibung dafür ist, mit dem Fahrstuhl aus der Basis in das höchste “Elektron” des Atomiums zu fahren.

Die Aussicht war wirklich nur mittelmäßgig gut. Die Deutschen, die sich über alles mögliche beschwerten, erfüllten mal wieder jedes Klischee von Deutschen im Ausland.

Die Fenster hätte man ja auch mal putzen können

Zuhause schmeckt der Kaffee aber besser

Hört auf, zu schreien, Kinder, und habt gefälligst Spaß

Das erste Mal, dass ich beschlossen habe, nur noch Englisch zu sprechen, bis ich wieder in Dresden bin. Ist ja eh nötig, um in Frankreich und Italien klarzukommen. Aber das war alles in allem echt peinlich.

Aber gut, zurück zum Atomium. Teil 2 der Runde war erstaunlich cool. Es ging in Richtung permanenter und dann zweier temporärer Ausstellungen. Die permanente Ausstellung dreht sich um die EXPO 1958. Muss man mögen, da wird halt ein Weltbild postuliert, welches ich für nicht mehr ganz zeitgemäß halte. Aber nett gemacht ist es. Die beiden zwei temporären Ausstellungen in den folgenden Elektronen haben dann aber den Besuch im Atomium letzlich erinnerungswürdig gemacht.

Die erste Aussstellung scheint eine einmal im Jahr wechselnde Licht-Installation über zwei Ebenen in einem Elektron zu sein. Ohne die Installationen der anderen Jahre zu kennen oder überhaupt eine große Ahnung von Installationskunst zu haben, muss ich einfach sagen: “Wow”. Das war wirklich cool anzusehen. Die Umgebung der Sphären wurde mit der Licht-Installation einfach cool einbezogen. Der eigens hierfür komponierte Ton sorgte für die runde Gesamtstimmung. Ich war tatsächlich zusammen mit einem französischen Paar, mit dem ich mich danach unterhalten habe, einer der wenigen, die das zu schätzen wussten. Die meisten Menschen sind mit ihrem Telefon in der Hand und einem wackeligen zehn Sekunden-Video darauf einfach durchgerannt.

Die zweite temporäre Ausstellung befasste sich mit dem “View from my window” Phänomen, was ja grob bekannt sein dürfte, wenn man die letzen zwei Jahre nicht unter einem Stein gelebt hat. Corona bedingt eingesperrte Menschen posten Bilder aus ihrem Fenster, damit die anderen eingesperrten Menschen tolle Blicke aus der Welt sehen können.

An sich wurde hier eine wunderschöne Auswahl an Photos kuratiert. Aber leider war die Präsentaion auf mehreren Monitoren extrem hektisch. Hinter den flashenden Monitoren gab es zwar eine große Wand um statische Bilder zu schauen. Aber die war in ca. 100 DPI auf schlechter Leinwand gedruckt, was bei näherer Betrachtung den schönen Fotos leider jede Inspiration geraubt hat.

Im Anschluss bin ich kurz in das Design Museum Brussels, weil es im Ticket mit drin war. Sah leider es aus wie jedes Design-Museum in jeder größeren Stadt.

Oh, wir haben Plastik erfunden. Lass uns alle hässlichen Dinge, die wir von 1940 bis 1970 entwickelt haben, in einen Raum stellen, damit die Nachwelt es anschauen kann.

Kann man sich sparen.

Auf jeden Fall war der Beschluss klar, keine 20€ für Mini Europe auszugebeben. Ich hatte den Park aus dem Atomium von oben gesehen.

Nett, aber auch extrem kitschig und man wäre wohl in einer Stunde durch. …für Modelle von Europa, die ich mir eigentlich alle lieber in echt anschauen will. So ein Modell vom “Lago di Vogorno” mag ja nett sein, aber da fahre ich lieber selber mal hin und schaue es mir vor Ort an.

Insofern war die Entscheidung einfach: Chillen und Mittagessen im Park um die Ecke, einfach mal ne Stunde in mein Buch reinschauen. Danach bin ich entspannt am Kanal entlang in Richtung Bruxelles-Midi, während ich auf dem Weg zu Fuß noch ein paar nette Ecken von Brüssel kennenlernen durfte.