Rock im Park
Prolog: Anreise am Mittwoch
Mittwochmittag fuhren Maesche und ich aus Dresden nach Nürnberg, um uns bei Benni einzunisten. Jessi war auch schon aus Berlin angereist, wir machten eine kurze Tour durch die Stadt mit leckerem fränkischen Abendessen. Ich muss wohl nochmal nach Nürnberg mit etwas mehr Zeit.
Das eigentliche Ziel des Abends war aber, die Autos in Pole-Position, wenige 100 Meter vorm Einlass abzustellen. Sascha und Fabi waren schon dort, das erste Dosenbier schmeckte.
Schlange stehen, Zeltplatz sichern und Magenverstimmung am Donnerstag
Um 5:30 klingelte der Wecker und nach einem Kaffee bei Benni ging es mit der U-Bahn in Richtung Festival-Gelände. Zwei Stunden und das eine oder andere Bier später waren wir durch die Sicherheitskontrolle, bepackt mit Zelten für alle, die im Laufe des Donnerstags oder Freitags nachkommen sollten. Liebe und freundliche Securities machen einfach so viel fürs Festival-Gefühl aus, das war super.
Wir konnten durch etwas Glück einen Zeltplatz für acht Zelte und das große Pavillon ergattern. Dadurch, dass wir relativ viele Leute zum Aufbau waren, ging das alles recht fix. Irgendwann trudelten Pale und Lars als zweites Auto aus Dresden dazu ein.
Während nach Warten, Tragen und Aufbauen der gemütliche Teil begann, beschloss mein Magen eine Revolution anzuzetteln. Die war leider temporär erfolgreich, für mich war der Donnerstag ab Mittags vorbei. Selbst Wasser zu trinken, war keine Option mehr. Ich habe dann bis Freitagmorgen um sechs geschlafen, während der Rest der Truppe ein paar wenige Biere trank und gegen Abend schon mal das Gelände erkundete.
Die ersten Konzerte am Freitag
Aus Dresden machte sich Auto 3 mit Andrea, Björn und Jule auf den Weg. Ich prüfte derweil den Zustand meines Magens. Nach leichter Skepsis ging feste Nahrung und dann auch irgendwann wieder Bier.
Wir machten uns auf den Weg zur ersten Band Auf dem Weg wurde ich in die Tradition des Zufalls-Shirts im Impericon Shop eingeführt.
Airbourne
Man tut den Jungs zwar irgendwie Unrecht, aber sie klingen einfach wie ein modernes AC/DC. Classic Rock mit super Sound zur Eröffnung.
Bullet for my Valentine
Die Gangart auf der Mainstage wurde härter. Aber auch noch mal ein ganzes Stück besser. Ein schönes Metal Brett, die Double Bass massierte den mittlerweile wieder fitten Magen. Ich kannte Bullet vorher nur lose, aber das ist eine der Bands für die Liste. Die Liste der Bands, die ich aktiv zu Hause nachhören muss. Nach der Hälfte es Konzerts ging es aber für mich weiter zur anderen Bühne.
Royal Republic
Nachdem diese Band auf dem Highfield 2019 mich so positiv überrascht hatte, war der Slot hier Pflicht. Extrem tanzbarer, etwas seichter Rock. Nach einer Weile im Backfield bin ich dann auch auf der Alterna Stage das erste Mal vorne rein in die Menge. Die Schweden sind nicht nur gut, sondern auch einfach witzig mit ihren Sprüchen und dem ständigen Versuch, Deutsch zu reden.
Korn
Zurück auf der Mainstage die erste Legende des Wochenendes. Ich hatte bisher nie die Chance, die Begründer des Nu Metals live zu sehen. Verdammt, waren die Jungs gut. 30 Jahre Erfahrung auf der Bühne und super viele Hits perfekt gespielt. Hab nicht erwartet, dass das Konzert so viel Spaß macht.
Volbeat
Mein erklärtes Ziel des Tages war das Infield bei Volbeat. Ich bin alleine losgezogen und mit etwas geschicktem Drängeln und Mogeln hab ichs dann auch vorne rein geschafft. Qualitativ ein klasse Konzert, einfach gute Musiker. Mich haben zu Beginn ein bisschen die Menschen gestört, die erstaunlich wenig Lust hatten, vorne drin abzugehen. Klar, Volbeat ist keine Musik zum dauerhaften Springen, aber das war schon fast Arbeitsverweigerung für Konzertgänger.-K Als der strömende Regen begann, wurden aber auch die fußwippenden Menschen locker. Auf einmal war es einfach eine gute Party. Wenn man die Jungs mag, kann ich ein Live-Konzert echt empfehlen. Allerdings nicht für Moshpit und Stage Dive. Sondern für druckvoll und auf den Punkt gespielte Versionen ihrer Songs.
Was ich verpasst habe
Die Beatsteaks waren leider parallel zu Volbeat gesetzt. Die machen super Spaß. Ich hatte sie aber schon zweimal live gesehen.
Für Billy Talent war ich nach Volbeat einfach zu platt. Ich war nass, mir war kalt, es wäre noch mehr als eine halbe Stunde zu warten gewesen. Außerdem hab ich auch die schon einige Male auf Festivals live gesehen.
Frühsport am Samstag
Donots
Die Donots hatten sich für Rock am Ring mit Absicht auf den Opener Slot setzen lassen, nun bei RIP eben am Samstagmorgen. Geladen wurde zum Frühsport, gegen den ein normales Fitness-Programm ganz schön abstinkt. Ausdauerlauf in der Circle Pit, Hochsprung für die Beine, Bauchmuskeln in der Mosphit, Oberarme durch ständige Crowdsurfer, die ja selber im Prinzip nur Planking betrieben haben. Das Infield war um kurz vor eins natürlich nicht voll, aber die Anwesenden hatten richtig Bock. Ich habe selten so eine Energie von Lied eins an bei einem Konzert gespürt.
The Offspring
Legende Nummer zwei des Wochenendes. Ist das das, was man heutzutage als Classic Rock bezeichnet? Die alten Herren sahen vielleicht nicht mehr ganz taufrisch aus, haben aber ihre Klassiker solide abgeliefert. Hat richtig Spaß gemacht, wobei ich im letzen Drittel den Durchstich ins Infield angehen musste. Glücklicherweise stand ich so in der Schlange, dass ich das ganze Konzert sehen konnte.
Broilers
Mein Konzert-Highlight dieses Festivals. Natürlich von ganz vorne drin. Alle Klassiker, aber auch viele richtig gute Songs der letzten beiden Alben. Eine perfekte Mischung. Die Broilers machen live einfach unglaublich Spaß. Ich kann das gar nicht so richtig beschreiben, warum es mir so gut gefallen hat. Vermutlich war es die gute Laune, die der Musikstil mit den großartigen Bläsern und Texten verbreitet.
Eine Anekdote am Rande: Es war sehr witzig, zu Beginn des Konzerts in die verstörten Gesichter der 20-Jährigen zu schauen. Vermutlich waren diese Corona-bedingt das erste Mal auf einem Konzert dieser Größenordnung. Man sah einfach, wie perplex sie waren, als direkt neben ihnen im ersten Song eine Circle Pit startete. Komplette Verwirrung, was sie tun sollen. War halt kein Sitzpatz-Konzert.
Green Day
Nach dem Broilers-Abriss hatte ich eigentlich den Plan, für Green Day gleich vorne drin zu bleiben. Leider gab es nur einen einzigen Bierverkäufer für das gesamte Infield. Keine Chance, an ein Getränk zu kommen. Da ich aber wirklich Durst hatte, musste ich leider raus gehen. Und dann gab es natürlich keine Möglickeit mehr, vorne wieder reinzukommen. :(
Etwas schade, denn aus den Backfield hat Green Day nur halb so viel Spaß gemacht. Es klang alles wie die bekannten (und auch sehr guten Live Alben). Also wirklich alles. Sound, Setlist, Witze, Aktionen wie der Fan, der einen Song auf der Gitarre mitspielen und sie dann behalten darf. Einerseits gilt mein Respekt erneut den Musikern und Sound-Technikern für diese Qualität, aber andererseits war es leider langweilig. Ich hab mich gefühlt, wie eine Konzertaufnahme im Stehen zu sehen.
Ich denke, das Zitat von Benni am nächsten Morgen bringt es auf den Punkt: “Für ein geiles Green Day-Konzert bist du vermutlich 20 Jahre zu spät dran.”
Materia
Nachdem Green Day ja weniger spannend war und der Weg von Stage zu Stage ziemlich kurz ist, habe ich hier zwischendurch für ein paar Songs reingehört. Machte einen spaßigen Eindruck, wird aber nie meine bevorzugte Musik werden. Hier hat man sehr gemerkt, wie durchgestyled die Bühnen-Shows mittlerweile sind. Durch die Anzahl an Effekten auf den Videoleinwänden war es praktisch nicht möglich, von hinten sinnvoll das Konzert zu sehen. Was ja irgendwie der Zweck der Videoleinwände sein sollte. Von mir aus tobt euch auf der großen Leinwand hinter der Bühne mit Effekten aus, wie ihr wollt. Aber die beiden Hochkant-Leinwände an den Seiten sollten einfach die Bühne zeigen.
Was ich verpasst habe
Jan Delay ist sowohl solo, mit den Beginnern, aber insbesondere mit der Disko No.1 immer einen Besuch wert. Alle Varianten mehrfach gesehen. Die Entscheidung für die Broilers war aber goldrichtig.
Scooter hatte ich zwei Wochen vor RIP in der Olypmiahalle München live gesehen. Wer mit so einem Frühsport anfängt, kann anscheinend abends nicht mehr lange. Insofern musste Hans “Hegel” Peter Baxxter diesen Abend leider für mich ausfallen.
Ausgefallene Sturmflut am Sonntag
Am Sonntagmorgen stand der Wetterbericht auf Weltuntergang. Um halb neun sah die Wettervorhersage so aus, als würden wir um elf komplett untergehen, wegwehen, ertrinken. Die Mischung aus Faulheit, Coolness und Lethargie hat sich aber bewährt. Wir haben einfach nichts gemacht. Von Minute zu Minute wurde die Vorhersage besser, letzlich haben wir eine halbe Stunde einen leichten Schauer abbekommen.
Sportfreunde Stiller
“Die Sporties machen auch exakt das gleiche wie vor zehn Jahren.”
“Oh warte, 2002 war nicht vor zehn Jahren…”
Hat schon Spaß gemacht, die alten Songs mitzusingen, war aber alles sehr vorhersehbar. Und der eine Song vom neuen Album hat irgendwie niemanden abgeholt.
Alligatoah
Ein weiteres Highlight von RIP für mich. Ein großartiger Solo Musiker mit intelligenten Texten und einem fantastischen aktuellen Album zieht alle Register. Sehr entspannt im Infield getanzt und gesungen. Ist zwar nicht so richtig Rock, aber trotzdem einfach gut.
Muse
Wow, was ein Brett. Ich hatte die Band vorher nie aktiv gehört. Aber man merkte sehr schnell, dass hier richtig gute Musiker am Werk sind, die mal kurz das Zeppelin-Feld abreisen. Mega Show, mega Sound, eine Band für “die Liste”.
Kassierer
Uff, war das scheiße. Wir hatten erwartet, dass die Club-Stage zum letzen Konzert der Sondaschule aus allen Nähten platzt. Deswegen ging es so schnell wie möglich nach Muse dort rein. Es ist wirklich bitter, dass wirklich viele Leute diese Band so feiern. Musikalisch eh schon grenzwertig. Aber was der Sänger auf der Bühne fabriziert, ist unter aller Sau. Er kann weder seine Texte, noch Takt oder Rhythmus und über Intonation braucht man gar nicht erst nachzudenken.
Sondaschule
Nachdem ich auf dem Rang vom Eishockey-Stadion bei den Kassieren kurz weggenickt war, hab ich zumindest noch die ersten fünf Songs der Sondaschule mitbekommen. Mir fehlte aber tatsächlich die Energie nach so viel Festival, nochmals in die Menge rein zu gehen. Etwas unerwart, aber es war nicht besonders voll. Man wäre locker noch nach vorne gekommen. Müde wie ich leider war, ging es für mich in Richtung Zelt, während der Rest der Truppe bis zum Ende durchgezogen hat. Auf dem Highfield hab ich nochmal die Chance auf Sondaschule, dort werde ich sie nutzen.
Was ich verpasst habe
Schmutzki ist immer gut, lief aber leider parallel zu Alligatoah. Ich geb mir die Jungs dann wohl auf dem Deichbrand.
Auf dem Rückweg hab ich kurz bei Casper reingehört. Cool! Ich kann mir gut vorstellen, dass das Spaß machen kann. Hoffentlich passt er auf dem Highfield besser ins Programm.
Abreise am Montag
Zu Montag gibt es nicht mehr viel zu sagen. Abbau, Gruppenbild (leider ohne Jessi), herzliche Verabschiedungen und der erwartbare Beschluss, dass Ganze wieder zu machen. Für mich war es sehr cool, sich einer eingespielten RIP-Truppe mit teilweise 20 Jahren Erfahrung dort anschließen zu dürfen. Das mein Magen gestreikt hat, hat mich Donnerstag ganz schön mitgenommen. Und ich bin heilfroh, dass ich doch noch so viel Festival genießen konnte. Das hätte viel schlimmer kommen können. Zwischendurch war ich kurz davor, abzureisen.
Nach der Rückfahrt, ausgiebiger Dusche, frischen Klamotten und einem kurzen Nickerchern ging es dann für mich abends mit Maesche noch zum Kneipenquiz ins Barneby.